Bis zu zehn Millionen Deutsche haben bis zum Erreichen ihres 65. Lebensjahres eine Depression erlitten. Das ist im Schnitt jeder achte, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer.
Bei Depressionen leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und herabgesetzter Aktivität. Des Weiteren sind die Fähigkeit zu Freude und die Konzentration vermindert. Weitere Symptome sind ausgeprägte Müdigkeit, die nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten kann, der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Die Erkrankung reicht von leichten Ausprägungen bis hin zu schweren Depressionen, in denen das Risiko eines Suizids erheblich erhöht ist.
Nachdem Depressionen in der Medizin jahrzehntelang nur über starke Medikamente, die auf der Ebene der Botenstoffe der Nerven eingreifen, behandelt wurden, geben jetzt neue wissenschaftliche Studien Hoffnung auf eine verträgliche und gesunde Alternative: Omega-3. So konnten verschiedene Forscherteams statistisch bedeutsam belegen, dass eine regelmässige Omega-3-Aufnahme bei Patienten mit regelmäßigen Depressionen zu einer Verbesserung führte. Als Wirkprinzip wird die richtige Zusammensetzung der Zellmembranlipide diskutiert.
Nun drängt sich eine wichtige Frage auf: Entstehen Depressionen vielleicht überhaupt erst aufgrund eines Omega-3-Mangels? Und tatsächlich scheint hier ein Zusammenhang zu bestehen: Während die Menschen vor einigen Jahrzehnten essenzielle Fettsäuren noch im Verhältnis Omega-3 zu Omega-6 von 1:1 aufnahmen, hat es sich im Jetzt deutlich zu Ungunsten von Omega-3 verschoben (etwa 1:25). Gleichzeitig hat sich die Häufigkeit depressiver Verstimmungen verhundertfacht!
Auch wenn die Ergebnisse noch durch weitere Studien abgesichert werden sollten, kann jeder Mensch für sich persönlich bereits heute risikolos etwas für seine Gesundheit tun: Ein Esslöffel qualitativ hochwertigen Leinöls pro Tag reicht aus, um den normalen Omega-3-Bedarf zu decken, bereits zwei Esslöffel befriedigen den erhöhten Bedarf.
Mit Fischöl Psychosen verhindern
Eine Studie befand, dass die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren hochgefährdete Jugendliche vor dem Vollbild einer psychotischen Erkrankung schützen kann.
Etwa 60 Prozent des Trockengewichts unseres Gehirns ist Fett“, sagt Günter Paul Amminger von der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Med-Uni Wien. Da erscheint es logisch, dass die Einnahme von Fettsäuren eine Wirkung auf die Zellen im Gehirn haben kann. Eine von Amminger geleitete Studie an Jugendlichen mit Voranzeichen für Psychosen erregte kürzlich das Interesse der Öffentlichkeit: Nach der Gabe von Fischölkapseln (mit Omega-3-ungesättigten Fettsäuren) über drei Monate sank die Wahrscheinlichkeit drastisch, dass die jungen Leute im Beobachtungszeitraum von einem Jahr an Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Störung erkranken.
„Wir haben eine indizierte Prävention durchgeführt: Es gibt Kriterien, anhand derer man ein stark erhöhtes Risiko für Psychosen an Jugendlichen erkennen kann. 40 Prozent der Personen mit diesen Voranzeichen entwickeln das Vollbild der Krankheit innerhalb von zwölf Monaten, während in der Bevölkerung allgemein die Häufigkeit, an Schizophrenie zu erkranken, weit unter einem Prozent liegt“, sagt Amminger. Die indizierte Prävention unterscheidet sich freilich von der allgemeinen Prävention, wie der Fluorzugabe im Trinkwasser oder der Jodzugabe im Salz, und von der selektiven Prävention, bei der z.B. alle Waldarbeiter gegen Tollwut geimpft werden.
„Die indizierte Prävention der Fischölstudie war nur deshalb möglich, weil es seit etwa 15 Jahren international eine Bewegung gibt, die sich um die Frühbehandlung von Psychosen kümmert, und Kriterien für Hochrisikopatienten bekannt sind“, so Amminger. In Österreich sei diese Bewegung nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Ländern, etwa in Australien, wo Amminger seit 2006 an der Universität Melbourne arbeitet: „Der Zeitraum zwischen dem Auftreten von ersten psychotischen Symptomen und dem Beginn der Behandlung liegt in Österreich wahrscheinlich immer noch bei etwa einem Jahr, da keine gezielte Früherkennung betrieben wird. In anderen Ländern konnte durch Früherkennungszentren wie dem ,Fetz‘ in Köln dieser unbehandelte Zeitraum auf zwei bis drei Monate gesenkt werden.“ Da Schizophrenie und ähnliche Psychosen nicht wie die meisten Zivilisationskrankheiten im hohen Alter auftreten, ist auch der volkswirtschaftliche Gedanke einer rechtzeitigen Behandlung zu beachten: „Erstmals an Schizophrenie erkranken 15- bis 30-Jährige, die dann oft 40 bis 50 Jahre mit zum Teil schweren Beeinträchtigungen leben.“ Es fehle hierzulande eine Aufklärungskampagne, um junge Menschen mit Voranzeichen (Stimmen hören, abgeschwächte Halluzinationen, verzerrte Wahrnehmung) rechtzeitig auf psychiatrische Hilfe zu verweisen. „In früheren Studien wurden Leute mit Voranzeichen niedrig dosiert mit Antipsychotika behandelt. Das klappte ganz gut, aber nur solange die Medikamente genommen wurden.“ Im Jahr nach der prophylaktischen Medikamentengabe bildeten gleich viele der behandelten Personen das Vollbild einer Psychose aus wie in der Placebogruppe.
„Das Tolle an unserer Studie ist, dass der Effekt nachhaltig war“, so Amminger. Nach der Einnahme der Fischölkapseln lief die reguläre psychiatrische Begleitung – ebenso wie in der Placebogruppe – noch neun Monate weiter. Von den 41 Jugendlichen (grossteils unter 18 Jahren) aus der Fischölgruppe entwickelten nur zwei eine manifeste Psychose, von den 40 der Placebogruppe immerhin elf. „Inzwischen führen wir die Studie mit 320 Teilnehmern in acht Städten Europas – auch in Wien – durch, um den Effekt zu bestätigen“, sagt Amminger. Denn im Gegensatz zu der Prävention mit Antipsychotika gibt es beim Fischöl keine Gegenargumente wie jenes, dass die Gabe von starken Medikamenten bei 60 Prozent der Menschen überflüssig sei, die trotz Voranzeichen keine Psychose entwickeln. „Fischölkapseln haben keine Nebenwirkungen, die kann jeder nehmen.“
Die Wirkungsweise erklärt sich über die „Lipidhypothese“: Omega-3-ungesättigte Fettsäuren (und Omega-6- und andere Fettsäuren) sind Teil der Phospholipide, die alle Zellmembranen bilden. Doch bei psychotischen Menschen fand man Hinweise auf ein Ungleichgewicht der Omega-3- und Omega-6-ungesättigten Fettsäuren. „Wir haben versucht, das Ungleichgewicht auszugleichen“, sagt Amminger. Die positiven Effekte könnte man über den Einbau der Fettsäuren in die Zellmembranen erklären, aber auch über den Einfluss der Fettsäuren auf den Serotoninhaushalt.
„Zudem schützen Omega-3-Fettsäuren die Zellen vor dem Zelltod. Man weiss, dass in der Phase zwischen den ersten Symptomen und dem Vollbild einer Psychose strukturelle Veränderungen im Gehirn passieren können. Hier kann man mit Fischölkapseln eventuell besser eingreifen als mit Antipsychotika.“ Daher sei der Zeitpunkt der Intervention bei der „indizierten Prävention“ so wichtig. Anscheinend wurden dem Gehirn, das wie gesagt zu 60 Prozent aus Fett besteht, im richtigen Moment (während der grossen „Umbauphase“) die richtigen Fettsäuren zugeführt.
Ihr Gregor Kühni feelgood coaching24 team