1. Die echte Zuckersucht
Damit eine Sucht entstehen kann, braucht es einen Stoff, der süchtig machen kann (Alkohol, Nikotin oder eben Zucker) und gleichzeitig ein suchtanfälliges Gehirn. Bei einer Sucht ist das Gleichgewicht zwischen den Botenstoffen im Gehirn gestört – nämlich vor allem zwischen Serotonin und Dopamin. Süchtiges Verhalten kann besonders dann entstehen, wenn der Serotoninspiegel zu niedrig und der Dopaminspiegel gleichzeitig zu hoch ist oder wenn beide Botenstoffe in zu geringen Konzentrationen vorhanden sind.
Umgekehrt führt ein Dopaminmangel zu Antriebsschwäche und Lustlosigkeit. Ein Serotoninmangel hingegen macht ängstlich, unzufrieden und zickig. Instinktiv greifen wir in solchen Mangel-Situationen nach den uns bekannten Drogen. Der eine steckt sich eine Zigarette an, der andere kippt ein Schnäpschen und der dritte vertilgt eine Tafel Schokolade. Warum?
Zucker täuscht Glück vor
Drogen erhöhen den Dopamin- und Serotoninspiegel – und zwar völlig ohne dass wir etwas aus eigener Kraft geschafft oder erlebt hätten. Drogen machen glücklich und entspannt. Sie täuschen dem Menschen vor, er habe sich gerade eben ein grossartiges Ziel erkämpft und es schliesslich auch wohlverdient erreicht. In Wirklichkeit hat der Betreffende nichts erkämpft, nichts erreicht, nichts gemacht – ausser Drogen konsumiert und sich einer Selbsttäuschung hingegeben. Zucker wirkt wie Alkohol und Nikotin. Zucker erhöht den Dopamin- und Serotoninspiegel. Zucker ist folglich ein Stoff, der süchtig machen kann.
Zuckersucht in der Wissenschaft
Dennoch wurde lange Zeit bestritten, dass es so etwas wie eine Zuckersucht gibt. Inzwischen liegen jedoch auch eindeutige wissenschaftliche Hinweise auf eine Zuckersucht vor. Forscher der Princeton University in New Jersey/USA wiesen das enorme Suchtpotential des Zuckers an Ratten nach. Die an Zucker gewöhnten Tiere litten unter extremen Entzugserscheinungen (Zittern, Zähneklappern, Ängste), als man ihnen den gewohnten Zucker wegnahm. Die Ratten griffen daraufhin verstärkt zu den angebotenen Ersatzdrogen wie z. B. Alkohol. Als man ihnen wieder Zucker gab, frassen sie davon mehr als je zuvor. Sie zeigten also ähnliche Verhaltensweisen wie der Mensch.
Zucker wirkt wie harte Drogen
Natürlich wurden die Ratten auch dahingehend untersucht, was sich in ihren Körpern durch die Zuckersucht verändert hatte. Man stellte fest, dass sich im Gehirn der Ratten schon nach vier Wochen verstärkten Zuckerkonsums dieselben Veränderungen manifestiert hatten (natürlich in weniger intensiver Form), wie das nach dem Konsum von harten Drogen (z. B. Heroin, Kokain) der Fall ist.
Auch eine andere Untersuchung weist darauf hin, dass es eindeutige Parallelen zwischen der Sucht nach Drogen und der Vorliebe für Zucker gibt. So kann man bei alkohol- bzw. drogenabhängigen Menschen verstärkt eine Schwäche für stark gesüsste Speisen beobachten. Da auch Kinder von alkoholabhängigen Eltern einem höheren Risiko für eine Zuckersucht unterliegen als Kinder von nicht abhängigen Eltern, geht man von bestimmten Genen aus, die einerseits eine Anfälligkeit für Alkoholabhängigkeit, aber auch für Zuckersucht in sich bergen. Berücksichtigen Sie hier aber, dass „Anfälligkeit“ nicht bedeutet, dass man zwingend einer Sucht erliegen muss. Es gibt immer einen Ausweg!
2. Schwankungen des Blutzuckerspiegels
Heisshunger auf Süsses muss nicht unbedingt auf eine echte Zuckersucht hinweisen, sondern kann auch die Folge von Schwankungen des Blutzuckerspiegels sein – was deutlich einfacher zu beheben wäre als die echte Zuckersucht, nämlich mit Hilfe einer vollwertigen Ernährung und regelmässigen Essenszeiten.
Bei einer vollwertigen Ernährung auf der Basis von naturbelassenen Lebensmitteln und ohne isolierte Kohlenhydrate kann sich der Blutzuckerspiegel normalerweise einwandfrei selbst regulieren. Mit einem ausgeglichenen Blutzuckerspiegel fühlt man sich ausgeglichen und satt. Man kann sich konzentrieren und ist leistungsfähig – auch wenn einmal eine Mahlzeit ausfällt.
Zucker führt schnell zu Unterzuckerung
Bei einer Ernährung, die auf isolierten Kohlenhydraten basiert bzw. auf Lebensmitteln mit einer hohen glykämischen Last können die viel zu hohen Zuckermengen, die ohne bremsende Ballaststoffe und ohne anderweitige Begleitstoffe (Mikronährstoffe, Wasser) im Körper landen, dazu führen, dass die Bauchspeicheldrüse „vor Schreck“ über all den Zucker viel zu viel Insulin ausschüttet. Grosse Insulinmengen führen dazu, dass viel zu viel Glucose aus dem Blut in die Zellen befördert wird. Der Blutzuckerspiegel sinkt jetzt zu tief, so dass es innerhalb kurzer Zeit zu einer Unterzuckerung kommt.
Die Werte der glykämischen Last geben an, wie stark der Einfluss eines Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel ist, wenn man 100 Gramm dieses Lebensmittels verzehrt.
Unterzuckerung verursacht Heisshunger auf Zucker
Eine Unterzuckerung muss jedoch nicht immer so akut sein, dass sie sich gleich in Form von Herzklopfen, rasendem Puls und Ohnmachtsanfällen zeigt. Sehr viel typischer für eine Unterzuckerung sind Heisshunger-Attacken auf Zuckerhaltiges, aber auch Nervosität, Konzentrationsstörungen, Aggressivität, Gereiztheit und plötzliche Stimmungsschwankungen.
Isst man jetzt das Falsche, also z. B. einen Schokoriegel oder ein süsses Teilchen oder trinkt man ein gesüsstes Getränk, läuft man Gefahr, in einen Teufelskreis zu geraten. Kurzzeitig steigt der Blutzuckerspiegel und ein scheinbares Wohlgefühl tritt ein. Durch den Zucker steigt der Blutzuckerspiegel aber wieder viel zu hoch, so dass erneut zu viel Insulin ausgeschüttet wird. Und schon ist die nächste Unterzuckerphase und mit ihr der nächste Zucker-Fessanfall in Sicht.
3. Seelische Gründe
Essen und ganz besonders süsses Essen wird von nicht wenigen Menschen zur eigenen Beruhigung (nach Stresssituationen aller Art) und zur Selbstbelohnung eingesetzt. Oft handelt es sich dabei um Menschen, die bereits als Kind von den Eltern eher Süssigkeiten als Zeit und Liebe erhielten. Und so „verwöhnen“ sie sich auch noch im Erwachsenenalter mit Süssigkeiten und erleben nach deren Verzehr ein angenehmes Wohlgefühl und eine Art innerer Ruhe.
Hier gilt es also zu lernen, wie man sich Beruhigung und Selbstbelohnung auf einer anderen Ebene verschaffen kann und dass dazu nicht auf Essbares zurückgegriffen werden muss.
Da Betroffene durch das häufige „Belohnen“ und „Beruhigen“ oft auch unter Blutzuckerspiegelschwankungen, Darmpilzbefall oder inzwischen sogar unter einer Zuckersucht leiden, wäre eine Ernährungsumstellung auch in diesen Fällen ratsam.
4. Darmpilze
Darmpilze (meist Candida albicans) ernähren sich bevorzugt von Zucker. Normalerweise leben auch in einer gesunden Darmflora Darmpilze, doch werden sie von den nützlichen Darmbakterien in Schach gehalten, so dass sie sich nicht übermässig vermehren und daher keine Probleme bereiten können. Isst jemand jedoch reichlich zuckerhaltige Nahrungsmittel, dann erhalten die Darmpilze so viel Nahrung und Energie, dass sie sich explosionsartig vermehren und die Darmflora vollkommen aus dem Gleichgewicht bringen. Je grösser die Darmpilzpopulation wird, umso grösser ist deren Hunger auf Zucker. Diese Zuckergier überträgt sich umgehend auf den betreffenden Menschen, so dass nun dieser urplötzlich einen extremen Heisshunger auf Zuckerhaltiges entwickelt und – ohne dass er weiss warum – Unmengen Schokolade oder riesige Spaghettiberge verdrücken „muss“.
Darmpilze führen jedoch nicht nur zu Heisshunger-Attacken, sondern zeigen sich auch noch in anderen Symptomen, wie z. B. Blähungen, Blähbauch und Bauchschmerzen (besonders nach dem Verzehr von Zuckerhaltigem). Hier ist eine Ernährungsumstellung gemeinsam mit einer intensiven Darmreinigung sowie einer antimykotischen Therapie sinnvoll.
Euer Gregor Kühni feelgood coaching24